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Reisebericht der Aktion "Kinder brauchen uns" e. V. anlässlich des 14. Hilfseinsatzes in Kabul, Afghanistan im November 2005. Die Aktion "Kinder brauchen uns" (zuerst "Kinder helfen Kindern" genannt) entstand im Oktober 2001 angesichts der Kriegsberichterstattung aus Afghanistan durch die spontane Initiative einiger Privatleute, die dem Leid der Kinder in dem Land am Hindukusch nicht länger tatenlos zusehen konnten und wollten. Ziel ist es, schwer kranken und verletzten Kindern, denen in Afghanistan nicht geholfen werden kann, eine medizinische Behandlung in Deutschland zu ermöglichen. Die Kinder werden in Afghanistan durch deutsche Ärzte, welche die Hilfseinsätze stets begleiten, ausgewählt. Wenn Sie die Arbeit unseres Vereins unterstützen und damit den Not leidenden Kindern in Afghanistan helfen möchten, können Sie dies mit einer Spende auf unser Vereinskonto tun. Unsere Bankverbindung lautet: “Kinder brauchen uns“ e. V. Konto: 463074100 BLZ: 362 500 00 bei der Sparkasse Mülheim a. d. Ruhr Bitte geben Sie im Verwendungszweck Ihre Adresse an, damit wir Ihnen eine Spendenbescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt ausstellen können. Weitere Kontaktmöglichkeiten entnehmen Sie bitte unseren Internetseiten unter der Adresse http://www.kinder-brauchen-uns.de Gerne können sie uns auch einen Brief senden: “Kinder brauchen uns“ e. V. Herr Dr. h.c. Markus Dewender Obere Saarlandstr. 3 45470 Mülheim a. d. Ruhr , Reiseberichte, Fotos, Bilder, Reiseinformation, Reisetipps weltweit. Schreiben Sie Ihren Reisebericht. Zeigen Sie Fotos und Bilder online. Reiseerfahrung mit anderen teilen!
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Hilfe fuer Kinder in Afghanistan

:: Samstag, 5. November 2005

Die vergangene Nacht war wieder sehr kalt. Zum Glück hatten wir in unseren
Zimmern Heizstrahler, mit denen wir morgens die Zimmertemperatur auf ein
erträgliches Maß heraufschrauben konnten. Immerhin die morgendliche Dusche
war kein Problem, obwohl der Strom im deutschen Hof erst ab ca. 6.00 Uhr zur
Verfügung steht, wenn der große Diesel-Generator angeschmissen wird. Neben
der üblichen Pakistan-Parfüm-Marmelade gab es heute echtes deutsches Nutella
und sogar ein Ei. Frisch gestärkt konnten wir wieder die lange Schlange der
vor dem Tor wartenden Familien empfangen, ihnen die mitgebrachten Geschenke aus
Deutschland überreichen und uns nach dem Wohl der ehemaligen Kinder
erkundigen. Auch bei diesen Empfängen wurden uns immer wieder andere kranke
Kinder der Familie oder von Freunden vorgestellt. Falk dokumentierte alle
Fälle auf Patientenblättern, während Alex die entsprechenden medizinischen
Fotos machte. Den meisten Kindern können wir nicht sofort eine Perspektive
bieten, da uns nur sehr begrenzte Freiplätze in deutschen Krankenhäusern zur
Verfügung stehen. Alle Patientenblätter mit den entsprechenden Fotos nehmen
wir jedoch mit nach Deutschland, um sie Ärzten vorzustellen und möglichst
später eine Hilfe anbieten zu können.
Morgens erreichte uns dann die Nachricht von Falks Frau aus Deutschland, dass
sie den Mann mit dem Satelliten-Telefon erreicht habe, dieser jedoch keine
Fatima oder Verwandte einer Fatima kenne. Wieder zerschlagen sich die
Hoffnungen, einen Kontakt zu Fatimas Familie herstellen zu können.

Auf unserem Programm an diesem Tag standen erneut diverse Besuche bei Familien.
Schon morgens stand fest, bei welcher Familie wir das Mittagessen einnehmen
würden. Sadeq hatten wir beauftrag, die mitgebrachten Geschenke (Stofftiere,
Autos und Puppen) in die beiden Autos einzuladen, um diese an die
Straßenkinder verteilen zu können. Pünktlich gegen 10:00 Uhr startete unser
Tross dann wieder, um das Tagesprogramm abzuarbeiten. Bei unserem zweiten
Besuch konnten wir einen jungen Mann treffen, der bereits zweimal in
Deutschland gewesen ist. Dieser junge Mann ist Schneider von Beruf und er hatte
für Markus einen Anzug geschneidert, der natürlich sofort ausprobiert werden
musste. Da dieser Besuch länger dauerte, konnten Alex und Andreas nach dem
Mittagessen die Zeit nutzen, um einige schöne Fotos von dem Berg mit den
Königsgräbern zu schießen. Dieses Objekt ist auf Grund der immensen
Zerstörung ein wirkliches gutes Fotoobjekt. Für Alex waren diese 20 Minuten
endlich eine Zeit, bei der er sein Fachwissen im Bereich Fotografie umsetzen
konnte. Durch seine Beziehungen hofft Alex, die Bilder und eine entsprechende
Geschichte nach seiner Rückkehr nach Deutschland an verschiedene Pressestellen
weitergeben zu können mit dem Ziel, einmal auf das vergessene Leid der
Bevölkerung in Afghanistan aufmerksam zu machen und zum Anderen, durch die
Berichte und Fotos die Arbeit des Vereins "Kinder brauchen uns" e. V. weiter
bekannt zu machen und die dringend benötigten Spendengelder zu sammeln.
Eigentlich wären mindestens drei Stunden nötig gewesen, um die entsprechenden
Motive an diesem Berg (Friedhof, Königsgräber, spielende Kinder usw.) im Bild
festzuhalten.

Bei dieser Fotosession konnten wir auch viele der mitgebrachten Spielzeuge und
Plüschtiere an die Straßenkinder verteilen, die diese Geschenke zuerst
ungläubig, dann aber mit einem großen Strahlen im Gesicht entgegen nahmen.
Dass sich solch eine Aktion wie ein Lauffeuer unter den Kinder verbreitet, ist
selbstverständlich. Schon einige Sekunden, nachdem wir die ersten Geschenke
ausgegeben hatten, strömten aus allen Gassen und Häusern weitere Kinder zu
uns, die alle ein Geschenk erhalten wollten. Glücklicherweise hatten wir genug
dabei, so dass am Schluss jedes Kind hocherfreut mit seinem ersten eigenen
Spielzeug nach Hause rennen konnte. Auch diese Geschenkübergaben wurden von
Alex im Bild festgehalten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die
fotografischen Möglichkeiten auf gestellte Gruppenbilder mit Familien von
Kindern und auf die medizinischen Fotos beschränkt. Da sich der Besuch bei
diesem jungen Mann sehr lange hinzog entschlossen wir uns, an diesem Tag keinen
weiteren Besuch durchzuführen, sondern noch die Familien zu treffen, die seit
Stunden vor den Toren des Deutschen Hofes warten würden. So fuhren wir
nachmittags wieder zurück zum Hotel, wo uns die erwartete Menschenmenge
begrüßte. So konnten wir auch ein kleines Mädchen begrüßen, das vor
einigen Jahren bereits am Herzen operiert worden war. Mittlerweile war sie
groß geworden und wir haben uns sehr gefreut, sie wieder zu sehen. Eine an
diesem Tag völlig unerwartete Wendung nahm der Fall der kleinen Fatima.
Während wir noch mit einer Familie im Aufenthaltsraum des Hotels saßen kam
ein Wachmann des Deutschen Hofes und teilte uns mit, es wäre Besuch für
Fatima auf der Straße. Nachdem wir uns kurz besprochen hatten, was nun zu tun
sei, baten wir den Wachmann, den Onkel in den Aufenthaltsraum zu holen. Schnell
stellte sich heraus, dass es sich nicht um die Eltern handelte, sondern um
einen ominösen Onkel, der Fatima mitnehmen wollte. Irgendwie schien dieser
alte Mann Fatima zu kennen, was jedoch nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.
Fatima wirkte sehr verschüchtert und sagte, sie kenne diesen Mann nicht. Für
uns alle stand fest, dass wir Fatima auf keinen Fall in die Hände dieses
Mannes geben würden, sondern nur den echten Eltern. Nach den ersten
Begrüßungen baten wir den Mann, uns zu erklären, woher er wüsste, dass
Fatima wieder in Kabul sei. Er erklärte und, dass Mitarbeiter der anderen
"Hilfsorganisation" ihn darüber informiert und ihn gebeten haben, Fatima
abzuholen und in ein Waisenhaus dieser Organisation zu bringen. Irgendwie
erschien uns die ganze Situation sehr konfus, hatte diese andere Organisation
es doch in den vergangenen drei Jahren nicht geschafft, einen Kontakt von
Fatima zu ihrer Familie herzustellen. Wieder einmal mussten wir erleben, dass
die “Spitzel“ (bei uns "U-Boot" genannt) doch immer noch überall verstreut
sind. Wir erklärten dem Mann, dass wir Fatima nicht in seine Hände, sondern
nur ihren eigenen Eltern zurückgeben würden, was er nach einigen Diskussionen
dann auch verstand. Wir fragten ihn nach seinen Kontaktmöglichkeiten zu
Fatimas Familie in Shebar (liegt in der Nähe von Bamyan in
Zentral-Afghanistan, ca. 150 KM nordwestlich von Kabul). Er erklärte uns, dass
es einen Telefonkontakt gäbe, worauf wir ihn anwiesen, die Familie von Fatima
sofort zu informieren und ihr ausrichten zu lassen, dass sie am kommenden Tag
nach Kabul kommen sollten. Nur für den Fall, dass die Familie dieser
Aufforderung nachkomme, würden ihr die Fahrtkosten für diese Reise erstattet.
Der alte Mann versprach, dieses Vorgehen einzuhalten und verließ damit den
Deutschen Hof. Für Fatima war dieses Gespräch ein Wechselbad der Gefühle und
sie tat uns allen sehr leid.

Anschließend bekamen wir noch Besuch von Ali, einem Jungen, der ebenfalls
schon in Deutschland gewesen ist. Für Ali hatten wir ebenfalls einen Brief aus
Deutschland, über den er sich sehr gefreut hat. Am Ende des Gespräches fragte
Markus beiläufig, was Ali denn mit seinem Finger gemacht habe, der mit einem
dreckigen Verband umwickelt war. Ali erzählte uns, dass er am Morgen von einem
Hund gebissen worden sei. Unser erster Gedanke war, dass in Kabul durchaus die
Gefahr von Tollwut bestehe und wir baten ihn, uns seinen Finger und die anderen
kleineren Wunden zu zeigen. Nachdem der dreckige Verband entfernt war, was sehr
schmerzhaft war, erschraken wir doch sehr über den Zustand seines
Mittelfingers. Uns zeigte sich eine große offene Wunde, die gelblich und
rötlich verfärbt war und offensichtlich schon entzündet war. Sofort
beauftragten wir einen Bekannten, für Ali ein Antibiotikum zu besorgen. wir
desinfizierten die Wunde mit Desinfektionsspray und legten einen sauberen
Wundverband an. Ali war sehr tapfer. Glücklicherweise konnte unser Bekannter
das benötigte Antibiotikum besorgen und wir "verschrieben" Ali täglich drei
Tabletten, morgens, mittags und abends. Außerdem sollte er in den Folgetagen
abends immer wieder zu uns kommen, damit wir den Verlauf der Heilung beobachten
könnten.

Der Abend verlief dann wie gewohnt in einer netten Runde mit Falk, Alex,
Andreas und Fatima bei gutem Essen und Trinken und einigen Runden UNO-Spielen.
Markus hatte noch einige Termine an diesem Abend. Für den kommenden Tag
standen für Markus einige offizielle Besuche u. a. bei AGEF und der deutschen
Botschaft an, so dass wir uns vornahmen, für einige Stunden in die Rand- und
Außenbezirke von Kabul zu fahren, um dort gute und brauchbare Fotos für die
deutsche Presse machen zu können.


:: Sonntag, 6. November 2005

Nach einer erneut sehr kalten Nacht und einem gleichartigen Frühstück
(immerhin gab es heute für jeden ein bis zwei Eier...) begann der Tag wie
gehabt mit Besuchen von Kindern und Ihren Eltern im Deutschen Hof. Wir und auch
die ehemaligen Gastfamilien in Deutschland sind sehr froh, dass auch nach der
Rückkehr der Kinder eine Kontaktmöglichkeit zu den Kindern bestehen bleiben
kann. Ein Kontakt auf postalischem Weg ist leider bis heute immer noch nicht
möglich, da nur die wenigsten Straßen und Gassen in Kabul Namen haben,
geschweige denn die Häuser durchnumeriert sind. So sind unsere Hilfsflüge
nach Kabul immer verbunden mit einer sehr großen Menge an Gepäck und
Geschenken, die einerseits aus Kleidung für die Kinder, andererseits auch aus
finanzieller Unterstützung für die Familien der Kinder besteht. Nachdem wir
die Familien getroffen hatten und ihnen die Mitbringsel aus Deutschland
übergeben wurden, konnte unser geplanter Ausflug beginnen, der natürlich von
Sadeq organisiert worden war. So hatte er für uns einen eigenen Taxi
organisiert und einen Fahrer (Sadeqs Bruder), der mit Falk, Alex, Andreas und
Fatima einige besondere Stellen anfahren wollte. Der Kofferraum wurde wieder
mit kleinen Spielsachen für die Straßenkinder beladen und dann ging es los.
Außerdem hatte Sadeq uns einen Dolmetscher zur Verfügung gestellt, so dass
auch die Verständigung kein Problem werden sollte. Als wichtigsten Punkt
hatten wir Sadeq gesagt, dass er unseren Ausflug nur an solche Stellen
organisiert, an denen keine Gefahr durch terroristische Anschläge befürchtet
werden müssten, da wir doch alle eigene Familien und eigene Kinder in
Deutschland haben, die sich über unsere Rückkehr sicherlich sehr freuen
würden.

Begonnen haben wir unseren Ausflug zu einem kleinen Berg im Bezirk
Wazir-Akhbar-Khan, dem Diplomaten- und Bonzen-Viertel von Kabul. Dieser Berg
liegt inmitten der Stadt und wenn es der Staub erlaubt, hat man eine herrliche
Sicht auf alle Stadtteile Kabuls. Unser Fahrer hielt am Rande dieses Hügels
und wir begannen mit dem Aufstieg, der bei dieser Luft und in dieser Höhe
(Kabul selbst liegt auf ca. 1800 m ü. NN) recht schwierig war. In früheren
Zeiten beherbergte dieser Hügel das Freibad von Kabul. Heutzutage ist von
diesem einst herrlichen Freibad nicht mehr viel übrig geblieben. Von den
diversen Sprungtürmen stehen nur noch Ruinen, die ehemaligen Schwimmbecken
sind übersäht von Einschusslöchern, so dass man durchaus schnell den
Eindruck gewinnt, man sei mitten im Krieg. Auf dem Plateau des Berges finden
sich noch sehr viele ausgebombte Panzerwracks, die Schützengräben sind
überall noch vorhanden und viele nun rostende Raketen-Abschussrampen säumen
diesen Berg. Unser Weg führte uns an einem Friedhof vorbei, auf dem gerade ein
Mensch zu Grabe getragen wurde. Eine wahrlich skurrile Szene... Dieser Berg
wird von sehr vielen Kindern dazu genutzt, dort Ihre selbstgebauten Drachen
steigen zu lassen. An diesem Tag jedoch waren nicht viele Kinder unterwegs,
lediglich einige Kinder von der anderen Seite des Berges, wo sich eines der
Ärmsten Slumviertel von Kabul befindet, suchten auf dem Berg nach
Verwertbarem.
Wir hatten vorsorglich einige Give-Aways für Kinder mitgenommen. Zwei kleine
Mädchen sammelten auf dem Hügel Brennmaterial. Ihr Alter schätzten wir auf
maximal 5-7 Jahre. Reichlich zottelig und staubig leuchteten Ihre Augen umso
mehr, als Sie von uns ein Kuscheltier geschenkt bekamen. Es sprach sich sehr
schnell herum, dass auf dem Berg ausländische Leute seien, die Geschenke an
Kinder verteilten. Ca. zehn Minuten später kamen viele weitere Kinder aus dem
Armenviertel unterhalb des Berges bei uns an, die völlig außer Atem waren und
auch Geschenke haben wollten. Ihre Anstrengungen wurden natürlich belohnt. Auf
diesem Hügel konnte Alex dann auch einige der benötigten Fotos schießen, die
die skurrile Szene hoffentlich gut wiedergeben.

Von dort ging die Fahrt in einen Randbezirk von Kabul unterhalb einer alten
Festung. Diese Festung, so wurde uns erklärt, sei über 1500 Jahre alt und
habe die großen Kriege mehr oder weniger gut überstanden. Englische Besatzer
hatten nach Aussagen unseres Dolmetschers die von dieser Festung ausgehende
Stadtmauer gebaut. Dabei haben sie afghanische Männer versklavt und sie mit
schweren Züchtigungen zu dieser Arbeit gezwungen. Viele Afghanen seien dabei
ums Leben gekommen. Für uns ist es ein eigenartiges Gefühl, inmitten einer
sehr geschichtsträchtigen Umgebung zu stehen und zu bedenken, was diese Steine
schon alles erlebt haben. Am Rande eines Friedhofes machten wir halt. Schnell
wurden wir angesprochen, woher wir kommen. Nachdem wir sagten, dass wir aus
Deutschland kommen, strahlte uns eine richtig positive Stimmung der anwesenden
Männer entgegen. Deutsche Staatsbürger sind in Afghanistan sehr gern gesehene
Gäste und das spürten wir immer wieder. Der Grund liegt wohl darin
begründet, dass die Deutschen in der Vergangenheit nie als Besatzer oder als
Kriegspartei nach Afghanistan gekommen sind, sondern immer mit aktiver Hilfe
zur Seite gestanden haben. Wir sind sehr froh, dass und das nun zu Gute kommt
und wir überall sehr herzlich empfangen werden. Was die Männer am Rande
dieses Friedhofes machten, ist uns bis heute ein Rätsel. Sie saßen einfach
auf einer Mauer und tranken Tee. Sofort wurden wir gebeten, einen Tee mit ihnen
zusammen zu trinken. Bei den anschließenden Gesprächen mit den Männern
stellte sich heraus, dass einer dieser Männer erst vor kurzer Zeit aus
Deutschland nach Kabul zurückgekehrt ist. In Deutschland habe er in Fellbach
bei Stuttgart gewohnt, einer Nachbarstadt von Falk. So konnten wir uns gut mit
diesen Männern austauschen. Sie zeigten sich sehr interessiert und dankbar
für unsere Arbeit. Natürlich wurden auch Kontaktdaten ausgetauscht, denn
etliche dieser Männer kannten wieder Kinder, denen in Afghanistan medizinisch
nicht geholfen werden kann. Wir haben diese Kinder zu den Untersuchungsterminen
in das Krankenhaus bestellt.

Zum Abschluss unseres Ausfluges fuhren wir zu einem Stausee außerhalb von
Kabul in Richtung Baghlan. Dieses Gebiet dient primär als Erholungsgebiet für
reichere Afghanen. Für die Zufahrt zu dem Stausee mussten wir eine
Straßenbenutzungsgebühr von 20 Afghani (ca. 40 Cent) bezahlen. Ehrlich
gesagt, tat uns diese Summe nicht wirklich weh, teilten wir uns doch die Kosten
durch drei Parteien… Dieser See liegt in einer sehr idyllischen Landschaft.
Rings um den See bis an das Ufer gibt es nur Staub und Felsen. Auf dem See
fuhren sogar einige Motorboote, ein irreales Bild, wenn man vorher andere
Gebiete besucht hat. Am Ufer des Sees wuschen einige Afghanen fleißig ihr
Fahrrad oder ihr Auto. Es gab etliche Möglichkeiten, sich gemütlich
hinzusetzen oder sogar zu grillen, was von etlichen Männern genutzt wurde.
Frauen konnten wir auch hier nur sehr wenige beobachten. Einige Afghanen
schienen diesen idyllischen Fleck auch zum Feiern zu benutzen. Ein für uns
allerdings sehr ungewohntes und bisher nicht begegnetes Bild war, dass die
meisten dieser feiernden Männer betrunken waren. Obwohl der Islam Alkohol
verbietet, schienen sich diese Männer über dieses Verbot hinwegzusetzen. Da
es in Afghanistan keine Verkehrsregeln oder Anweisungen gibt, störte es diese
Männer dann auch nicht, in ihrem Zustand in ihr Auto zu steigen uns
wegzufahren. Wie uns unser Dolmetscher erklärte, gehörten die durchaus
ansehnlichen Häuser am Rande des Sees einigen bekannten afghanischen Sängern
und Musikern, die dort wohl ihr Wochenenddomizil haben. Weil sich der Hunger
bei unserem Fahrer bemerkbar machte, lud er uns noch zu einem Imbiss, bestehend
aus fettigen Pommes in einer Zeitung ein, was wir jedoch dankend ablehnten.
Zurück ging die ca. 80-minütige Fahrt dann zum Deutschen Hof. Markus hatte in
der Zwischenzeit alle offiziellen Besuche erfolgreich beendet, so auch bei
Ariana-Afghan-Airlines, wo er die Bestätigung unserer Rückflüge am 09.11.
abgeholt hatte.

Nach dem Empfang der diversen Familien vor dem Hotel und der üblichen Prozedur
des Aushändigens von Geschenken, traf Ali wieder ein. Wir untersuchten seine
Wunde und waren froh, dass sich diese gebessert hatte. Die Entzündung schien
geheilt. So verarzteten wir den Finger erneut und machten uns dann auf zu
unserem letzten Besuch dieses Tages. Die Fahrt ging wie gewohnt durch das Chaos
von Kabul auf einen kleinen Hügel. Mittlerweile war es schon dunkel geworden
und das Bild, der in den Lehmhäusern entzündeten Gaslampen, gab eine sehr
schöne und ruhige Szenerie ab. Die Schotterpiste endete an einem steilen
Hügel, von wo wir dann zu Fuß einen weiteren steilen Berg hinauf zwischen den
Lehmhäusern hindurch unseren Weg suchten. Für unseren Mitarbeiter Sadeq war
dieser Weg sehr beschwerlich, da er selbst Minenopfer ist und eine Arm- und
eine Beinprothese tragen muss. Gemeinsam erklommen wir den Weg hinauf zu dem
Haus der Familie, deren Tochter erst vor kurzer Zeit wieder nach Afghanistan
zurückgekehrt war. Das Mädchen litt an einer speziellen Blutkrankheit. Durch
eine Knochenmarktransplantation ihrer kleineren Schwester konnte ihr Leben
gerettet werden. Wir freuten uns sehr, beide im Kreis ihrer Geschwister und
ihrer Mutter wieder zu treffen und zu sehen, dass es ihr so gut geht. Der Vater
hatte seinerzeit alle zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel in die
Behandlung seiner Tochter gesteckt - leider ohne Erfolg. Bedauerlicherweise
kann nun der Vater seine gesunde Tochter nicht mehr sehen, da er inzwischen
verstorben ist. Wir wurden dort äußerst herzlich empfangen. Auch bei dieser
Familie genossen wir die Anwesenheit der gesamten Familie. Nach dieser Station
fuhren wir wieder zurück zu unserem Hotel in der Hoffnung, dass Fatimas Eltern
nun angekommen seien. Wir gingen in den Deutschen Hof. Kurze Zeit später kam
ein Wachmann des Hotels zu uns der uns mitteilte, dass drei Tanten und ein
Onkel von Fatima auf der Straße stehen und Fatima abholen möchten. Wir
hofften natürlich, dass es sich bei den Personen vielleicht doch um die Eltern
von Fatima handeln würde, so dass wir den Wachmann baten, die Personen zu uns
in den Aufenthaltsraum zu bringen. Natürlich handelte es sich wieder nicht um
die Eltern, sondern um denselben alten unbekannten Onkel, der bereits schon bei
uns gewesen ist, sowie um drei Frauen, die in Burkas verhüllt den Raum
betraten. Nachdem der Schleier gelüftet wurde, wurde Fatima mit Küssen und
Herzlichkeiten der Tanten überhäuft. Fatima erkannte sogar eine der Frauen
und identifizierte sie als eine Tante. Allerdings war die Situation für sie
wiederum schwierig, da alle in ihrer Muttersprache auf sie einsprachen und sie
kein Wort verstand. Wir machten den Vieren dann mit Hilfe von Sadeq sehr
deutlich, dass sie Fatima nicht mitnehmen können und dass sie umgehend dafür
zu sorgen haben, dass sich die Eltern von Shebar nach Kabul aufmachen müssen,
um ihre Tochter in Empfang zu nehmen. Die Aussage von Falk, die Fahrtkosten nur
zu übernehmen, wenn die Familie an einem bestimmten Tag ankomme, revidierte er
angesichts der Tatsache, dass nur noch zwei Tage zur Verfügung standen mit der
Möglichkeit, Fatima ihren Eltern zurückzugeben. Nachdem Fatima ihr geheiltes
Bein vorgeführt hatte, was sehr zur Verwunderung der Verwandten wahrgenommen
wurde, machten die Vier sich wieder auf den Weg. Uns blieb zu hoffen, dass wir
morgen endlich die Eltern antreffen würden. So verbrachten wir einen weiteren
Abend zusammen im Deutschen Hof und gingen zeitig schlafen, da der morgige Tag
sehr stressig werden würde.
Mittwoch, 2. November 2005
:: Montag, 7. November 2005
:: Eine Woche später, Mitte November 2005
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Autor: Andreas Timmler
erstellt: 25.11.2005
gelesen: 3694 mal
Stichworte: Pakistan, Erdbeben, Bilder
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